
Ein dänisches Forschungsteam hat berechnet, dass eine nachhaltige Ernährung auch Fleisch enthalten kann – allerdings in sehr begrenztem Maß. Demnach liegt die Obergrenze bei 255 Gramm pro Woche. Auf vermeidlich klimaschädliche Fleischsorten wie Rind und Lamm müsste dabei jedoch vollständig verzichtet werden. Hier erfährst du, warum das nicht so ganz richtig ist.
Fleischverzicht verringert CO₂-Ausstoß
Was wir täglich essen, beeinflusst in direkter Weise das globale Klima. Diese Tatsache ist dabei längst kein Geheimnis mehr. Zahlreiche Studien der letzten Jahre zeigen, dass insbesondere eine fleischlastige Ernährung maßgeblich zur Verschärfung der Klimakrise beiträgt. Denn die Produktion von diesen Lebensmitteln verursacht – je nach Berechnungsgrundlage – zwischen 20 und 30 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen.
Eine Studie der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien aus dem Jahr 2020 verdeutlicht diese Zusammenhänge am Beispiel Österreichs: Der heimische CO₂-Ausstoß könnte um bis zu 41 Prozent gesenkt werden, wenn die Bevölkerung ihren Fleisch- und Wurstkonsum auf etwa ein Drittel reduziert. Eine vollständige Umstellung auf eine vegane Ernährung würde sogar eine Reduktion von bis zu 76 Prozent ermöglichen. Allerdings ist ein derart radikaler Wandel – zumindest in naher Zukunft – auf mehreren Ebenen nicht wirklich realistisch.
Klimagerechte Ernährung ohne Rind und Lamm
Dabei braucht es gar keine ganz so radikalen Maßnahmen, wie den kompletten Fleischverzicht, um sich im Alltag klimafreundlich zu ernähren. Wo jedoch genau die Grenze liegt, bis zu der man mit gutem Gewissen Fleisch genießen kann, hat ein dänisches Forschungsteam berechnet.
Die gute Nachricht: Fleisch muss dabei nicht vollständig vom Speiseplan verschwinden. Die schlechte: Wer nicht auf rotes Fleisch wie Rind oder Lamm verzichten möchte, hat ein Problem – diese Sorten fallen in der dänischen Studie nämlich klar durch, wenn es um eine vertretbare Klimabilanz geht.
Was heißt eigentlich „weniger Fleisch“?
Ein erfreulicher Nebeneffekt der aktuellen dänischen Studie zur klimafreundlichen Ernährung ist: Sie macht greifbar, was „weniger Fleisch essen“ konkret bedeutet. Veröffentlicht im Fachjournal Nature Food, ging die Untersuchung der Frage nach, wie viel Fleischkonsum im Alltag mit den Zielen des Klimaschutzes noch vereinbar ist.
„Die meisten Menschen wissen mittlerweile, dass wir aus gesundheitlichen und ökologischen Gründen weniger Fleisch essen sollten. Aber es ist schwer zu begreifen, wie viel ‚weniger‘ eigentlich bedeutet und ob das im großen Ganzen überhaupt einen Unterschied macht“, erklärt Studienleiterin Caroline Gebara von der Technischen Universität Dänemark.
255 Gramm pro Woche – aber ohne Rind und Lamm
Trotz der bekannten Spannungsfelder zwischen Gesundheit, Umwelt und Geschmack hat das Forschungsteam klare Empfehlungen formuliert: Wer sich klimafreundlich ernähren möchte, sollte pro Woche nicht mehr als 255 Gramm Fleisch zu sich nehmen – und zwar ausschließlich Geflügel oder Schweinefleisch. Das entspricht in etwa zwei Portionen Hühnerbrustfilet.
Natürlich bedeutet das eine deutliche Einschränkung, vor allem im Vergleich zum derzeitigen Durchschnittsverbrauch, der in Europa und den USA etwa sechs- bis zehnmal so hoch ist. Besonders schwer wiegt der notwendige Verzicht auf Rind- und Lammfleisch, der von der Studie nahegelegt wird. Diese beiden Fleischsorten gelten nämlich als mit einer nachhaltigen Ernährung nicht vereinbar.
Klimagerechte Ernährung ohne Rind: Was die Studie nicht bedenkt
Der Grund ist klar: Die Rindfleisch-Produktion verursacht enorme Umweltbelastungen. Zum einen beansprucht die Tierhaltung große Flächen – In Deutschland beispielsweise nahm die Rinderzucht 2016 etwa drei Viertel der Fläche für den Futtermittelanbau ein.
Zum anderen stoßen Wiederkäuer erhebliche Mengen klimaschädlicher Gase aus: Methan gilt demnach als etwa 25-, Lachgas sogar als fast 300-mal klimaschädlicher als Kohlendioxid, so der Einwand gegen die Rindtierhaltung.
Doch vor allem beim Thema Rind werden von den dänischen Wissenschaftler:innen – aber auch vielen anderen Kritiker:innen – wichtige Informationen nicht bedacht. Klar ist eine Reduktion des Fleischkonsums ganz allgemein unumgänglich, um den ökologischen Fußabdruck zu verringern und die Klimaziele zu erreichen. Doch abseits der Fleischproduktion, erfüllt vor allem das Rind viele wertvolle Funktionen für Landwirtschaft, Bodenvielfalt und vieles mehr, die eine nachhaltige Entwicklung gewährleisten.
Das Rind: ökologisch wertvoll
Die Forderung, Rindfleisch grundsätzlich aus einer nachhaltigen Ernährung zu verbannen, greift deshalb in vielerlei Hinsicht zu kurz. Zwar ist unbestritten, dass intensive Rinderhaltung in industriellem Maßstab enorme Umweltprobleme verursacht – doch es gibt auch eine andere Seite:
Rinder können ökologisch nämlich sehr sinnvoll in landwirtschaftliche Kreisläufe eingebunden werden. Gerade dort, wo Ackerbau nicht möglich ist. Sie weiden nämlich bevorzugt auf Flächen, die für den Menschen unbrauchbar sind, weil dort kein Getreide, Gemüse oder Obst gedeiht. Das Tier nutzt somit Gräser und Kräuter, die wir Menschen eben nicht essen können und macht sie für uns – in Form des konsumierbaren Fleisches – indirekt verwertbar.
Hinzu kommt: Rinder tragen mit ihren Hufen zur Bodenpflege bei. Sie lockern den Boden und fördern so die Durchlüftung sowie die Wasseraufnahmefähigkeit. Wird Weidewirtschaft richtig betrieben, kann sie nicht nur CO₂ speichern, sondern auch die Biodiversität fördern, was auch Hubert Strak in unserem Podcast bekräftigt. In diesen, vom Rind genutzten Weidelandschaften, entstehen darüber hinaus auch wertvolle Lebensräume für zahlreiche Pflanzen und Insekten.
Stichwort: Methan
Auch das Problemthema Methan ist etwas spezieller, als von vielen angenommen. Es stimmt: Methan zählt zu den wirksamsten Treibhausgasen. Doch im Vergleich zu CO₂ hat es einen entscheidenden Vorteil: Das von Rindern ausgestoßene Methan hat nämlich eine vergleichsweise kurze Lebensdauer in der Atmosphäre. Nach etwa zehn Jahren wird es abgebaut und wieder in den natürlichen Kohlenstoffkreislauf integriert. Es gelangt somit zurück in den Boden und wird von Pflanzen und Gräsern aufgenommen, die wiederum vom Rind gefressen werden. Das Methan befindet sich somit in einem geschlossenen Kreislauf. Es handelt sich dabei nicht um ein zusätzliches Treibhausgas, das dauerhaft in der Atmosphäre verbleibt, sondern um den Teil eines natürlichen, zyklischen Prozesses.
Klimagerechte Ernährung ohne Rind: ein Fazit
Statt pauschal auf Rindfleisch zu verzichten, braucht es eine differenzierte und sachlich fundierte Betrachtung. Entscheidend ist nicht allein ob, sondern vor allem wie und wo Rinder gehalten werden. Während industrielle Massentierhaltung zweifellos erhebliche ökologische Schäden verursacht, kann extensiv betriebene Weidewirtschaft durchaus positive Effekte haben – für Klima, Biodiversität und Bodengesundheit. Rinder, die auf natürlichen Weideflächen grasen, nutzen Flächen, die für den Ackerbau ungeeignet sind, und tragen zur Pflege von Kulturlandschaften bei. Zudem sind sie Teil eines natürlichen Kohlenstoffkreislaufs, bei dem das entstehende Methan nach einer überschaubaren Zeitspanne wieder abgebaut wird.
Nachhaltige Rinderhaltung ist also nicht per se ein Problem für das Klima. Sie kann nämlich, wenn richtig betrieben, sogar Teil der Lösung sein. Anstatt auf einfache Verbote zu setzen, sollten wir differenzieren und jene Formen der Landwirtschaft fördern, die sowohl ökologisch verträglich als auch gesellschaftlich sinnvoll sind.
Titelbild @ Mockuuups via unsplash (Zugriff 16.05.2025)