Fleischkonsum im Wandel

Eine neue Erhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt: Vor allem junge Menschen (in Deutschland) sind bereit, für Fleisch aus ökologisch verantwortungsvoller Produktion tiefer in die Tasche zu greifen. Damit deutet sich ein Generationenunterschied an, der für die künftige Ausrichtung der Landwirtschaftspolitik bedeutsam sein könnte.

Generation Z als Vorreiter

Laut der repräsentativen Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft würden 57,3 Prozent der Generation Z – also Menschen, die ab 1997 geboren wurden – höhere Fleischpreise akzeptieren, sofern diese mit besseren Tierhaltungsstandards, nachhaltigerer Fütterung oder anderen ökologischen Verbesserungen verbunden sind.

Auch die Millennials (Geburtsjahrgänge 1982–1996) zeigen sich mehrheitlich offen: 50,8 Prozent unterstützen Preiserhöhungen für nachhaltiger produziertes Fleisch. Zum Vergleich: Bei den Babyboomern (1955–1964) liegt die Zustimmung mit 40,2 Prozent deutlich niedriger.

Besonders auffällig: Während in der Generation Z nur gut ein Fünftel (21,3 Prozent) die höheren Preise für besseres Fleisch ablehnt, sind es bei den Babyboomern fast doppelt so viele (39 Prozent). Die Generation X (1965–1981) liegt mit einer Ablehnungsquote von 37,5 Prozent knapp dahinter.

Gesamtgesellschaftlich gespaltene Haltung

Über alle Altersgruppen hinweg spricht sich knapp die Hälfte der Befragten (46 %) für teureres Fleisch zugunsten ökologischer Standards aus. Rund ein Drittel lehnt den Gedanken jedoch ab.

Die Umfrage basiert auf den Antworten von 3.288 Personen ab 18 Jahren und wurde im Dezember 2024 vom Marktforschungsinstitut Bilendi & respondi im Auftrag des IW durchgeführt.

Tierwohl-Label: Hohe Akzeptanz, aber kaum Einfluss auf Kaufverhalten

Diese Zahlen sind zu begrüßen. Doch leider sehen wir auch, dass die Tendenz bei Umfragen zur Akzeptanz höherer Fleischpreise zugunsten ökologischer oder tierwohlgerechter Standards nicht mit dem realen Kaufverhalten übereinstimmt. Während knapp die Hälfte der Befragten Preissteigerungen grundsätzlich begrüßt, spiegelt sich das nicht in den tatsächlichen Verkaufszahlen wider.

Die Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher kauft nämlich weiterhin das preisgünstigste Fleischprodukt. Wie Greenpeace herausgefunden hat stammen nämlich rund 90 Prozent des Frischfleischs der großen Einzelhandelsketten von Tieren, die eben nicht unter ökologischen oder tierwohlgerechten Standards gehalten wurden. Besonders bei Schweinefleisch, das zu den beliebtesten Sorten zählt, gelangen biozertifizierte oder Tierwohl-gekennzeichnete Produkte nur selten in den Einkaufskorb. Die Nachfrage nach Billigfleisch bleibt hoch, weil der Preis für viele das entscheidende Kriterium ist, auch wenn die Haltung oder Herkunft eigentlich wichtiger wäre.

Lücke zwischen Einstellung und Verhalten

In der Verhaltensökonomik wird diese Diskrepanz zwischen umwelt- oder gesundheitsbewussten Überzeugungen und dem tatsächlichen Handeln als Value-Actio-Gap bezeichnet. Viele Menschen geben in Umfragen zwar an, nachhaltige oder ethische Ziele zu unterstützen – etwa höhere Fleischpreise oder pflanzliche Alternativen. Im Alltag setzen sie dies jedoch oft nicht um.

Gründe dafür reichen von Bequemlichkeit und eingespielten Gewohnheiten über ein begrenztes Angebot und Preisempfindlichkeit bis hin zu einem schwachen Gefühl der eigenen Einflussmöglichkeit. Diese Lücke macht es schwieriger, wirksame Nachhaltigkeitspolitik im Ernährungsbereich umzusetzen. Umso wichtiger ist es, zu verstehen, welche Bevölkerungsgruppen – auch im Hinblick auf ihre Generationenzugehörigkeit – besonders offen für Veränderungen im Konsumverhalten sind.

Forderung nach politischen Anreizen statt Steuererhöhungen

Angesichts dieser Erkenntnisse plädieren die Studienautorinnen für politische Maßnahmen, die gezielt den Konsum nachhaltigerer Fleischprodukte fördern – jedoch ohne Marktmechanismen oder die Eigenverantwortung der Verbrauchenden zu schwächen.

Die Empfehlungen für einen nachhaltigeren Fleischkonsum sind:

Investitionsanreize für tierwohlgerechte Betriebe

  • Staatliche Förderprogramme für Landwirte, die auf bessere Tierhaltungsstandards umstellen.
  • Zuschüsse für Umbauten von Ställen, Weidehaltung oder den Einsatz hochwertiger Futtermittel.
  • Besonders kleine und mittlere Betriebe sollten bevorzugt werden, um Wettbewerbsnachteile zu vermeiden.

Innovationsfreundliche Rahmenbedingungen für alternative Fleischprodukte

  • Fördergelder für Forschung und Entwicklung im Bereich pflanzlicher und zellbasierter Fleischalternativen.
  • Bürokratieabbau für Start-ups, um Markteintritt zu erleichtern.
  • Steuerliche Vergünstigungen für nachhaltige Lebensmittelhersteller.

Forschungsförderung und Verbraucherbildung

  • Finanzierung wissenschaftlicher Projekte zu Ernährung, Nachhaltigkeit und Tierwohl.
  • Informationskampagnen in Schulen, Medien und über Social-Media-Kanäle.
  • Workshops oder Informationsstände in Supermärkten, die nachhaltige Kaufentscheidungen erklären.

Klare und einheitliche Tierwohl- und Herkunftskennzeichnung

  • Einführung einer verpflichtenden, leicht verständlichen Kennzeichnung (z. B. 5 Haltungsformen).
  • Gestaltung der Siegel so, dass sie auf einen Blick erkennbar sind.
  • Kontrolle und Durchsetzung der Kennzeichnungspflicht durch unabhängige Stellen.

Grüne Nudges (sanfte Anstöße zur Verhaltensänderung)

  • Platzierung von Bio- und Veggie-Produkten auf Augenhöhe oder im Eingangsbereich.
  • Extra-Regale für klimafreundliche Produkte mit klarer Kennzeichnung.
  • CO₂-Ampeln in Supermarkt-Apps oder Onlineshops, die die Klimawirkung jedes Produkts anzeigen.

Gezielter Einsatz digitaler Hilfsmittel

  • Integration von Nachhaltigkeits- und Tierwohlinfos in digitale Kassensysteme oder Einkaufslisten-Apps.
  • Personalisierte Empfehlungen für umweltfreundlichere Alternativen basierend auf Kaufverhalten.

Warum diese Debatte so wichtig ist

Auch wenn der deutsche Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) höhere Steuern auf Fleisch ablehnt, ist die Diskussion um Fleischpreise nicht nur eine Frage des Geldbeutels, sondern auch ein zentraler Hebel für Klimaschutz und Agrarwende. Besonders Bio-Fleisch spielt dabei eine Schlüsselrolle: Im Gegensatz zur konventionellen Fleischproduktion verursacht es weniger versteckte Folgekosten, die am Ende über Steuern bezahlt werden müssen – etwa für die Reinigung von belastetem Grundwasser oder die Beseitigung von Umweltschäden. Wer Bio kauft, zahlt eher den tatsächlichen Preis für ein Lebensmittel, ohne später indirekt für die negativen Folgen aufkommen zu müssen.

Bio, vor allem Bio-Regionalität fungiert dabei als ein Modell für die Zukunft. Artgerechte Tierhaltung, Schutz der Böden, Förderung der Artenvielfalt und ein geschlossener Nährstoffkreislauf sind hier Standard. Würden wir Fleischproduktion vollständig auf Bio umstellen, könnte das nicht nur die Landwirtschaft nachhaltiger machen, sondern auch zu gesünderen Ökosystemen, sauberem Wasser und einer lebenswerteren Umwelt beitragen. Höhere Preise für nachhaltig produziertes Fleisch könnten Landwirten helfen, diesen Weg zu gehen – und gleichzeitig den Fleischkonsum insgesamt reduzieren. Die Umfrage macht deutlich: Vor allem die jüngeren Generationen sehen darin keinen Widerspruch, sondern eine Investition in eine bessere, gesündere Welt.