Aldi Süd

Ein klarer Kurswechsel bei einem der größten Lebensmitteleinzelhändler Deutschlands: Ab Mitte Januar 2026 will ALDI Süd kein Eigenmarkenfleisch mehr aus der untersten Haltungsform anbieten. Mit diesem Schritt setzt das Unternehmen ein deutliches Signal in Richtung mehr Tierwohl und Nachhaltigkeit. Diese Entscheidung ist ein weiterer Beweis dafür, dass sich ein Wandel am Markt spürbar vollzieht: Fleisch soll künftig nicht nur billig, sondern vor allem verantwortungsvoll produziert werden.

Was hinter den Haltungsformen steckt

In Österreich eher unbekannt werden in Deutschland bestimmte Produkte in sogenannte „Haltungsformen“ unterteilt. Dabei handelt es sich um ein freiwilliges Kennzeichnungssystem, das Verbraucherinnen und Verbrauchern mehr Transparenz über die Tierhaltungsbedingungen bieten soll. Mit „Haltungsform“ können dabei die wichtigsten Fleischarten und Milch gekennzeichnet werden. Freiwillig bedeutet in diesem Sinne, dass Produkte mit den Haltungsformen nicht gekennzeichnet werden müssen, wobei jedes Produkt automatisch die Haltungsform 1 haben muss – rechtliche Mindeststandards.

Wichtig zu wissen: Die „Haltungsform“ ist kein Tierwohl-Label, sondern zeigt lediglich die Art und Weise der Tierhaltung an. Die Landesbehörde prüft dabei, ob die Voraussetzungen der Haltungsform erfüllt sind. Die Durchführung und die Überwachung der Haltungsformen liegt anschließend bei den Bundesländern. Die zuständigen Behörden haben dabei die Einhaltung der Vorschriften regelmäßig zu kontrollieren.

Haltungsform: die fünf Stufen

Das deutsche System gliedert sich in fünf Stufen, die sich an den Standards der Tierhaltung orientieren:

  • Stufe 1 („Stallhaltung“): steht für die gesetzlichen Mindestanforderungen – also die Basis, die Betriebe ohnehin einhalten müssen.
  • Stufe 2 („Stallhaltung Plus“): umfasst leichte Verbesserungen, etwa mehr Platz oder zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten.
  • Stufe 3 („Frischluftstall“): garantiert den Tieren mehr Raum und Frischluftkontakt.
  • Stufe 4 („Auslauf/Freiland“): bietet Zugang zu Außenbereichen, Auslauf oder Weide.
  • Stufe 5 („Bio“): entspricht den Richtlinien des ökologischen Landbaus mit besonders hohen Anforderungen an Tierwohl, Fütterung und Haltungsbedingungen.

Kurswechsel bei ALDI

ALDI Süd hat sich nun dazu entschlossen, ab Mitte Januar 2026 kein Eigenmarkenfleisch mehr aus der untersten Haltungsform anzubieten. Betroffen sind Rind, Schwein, Hähnchen und Pute – und damit der Großteil des Fleischsortiments des Discounters. Mit diesem Schritt setzt das Unternehmen ein deutliches Signal in Richtung mehr Tierwohl und Nachhaltigkeit.

Markenartikel und internationale Spezialitäten bleiben von diesem Kurswechsel zwar vorerst ausgenommen, doch da rund 90 Prozent des Sortiments aus Eigenmarken bestehen, betrifft diese ethische Maßnahme einen erheblichen Teil des Fleischangebots.

Schon heute stammt bei ALDI Süd die Hälfte des Frischfleischs sowie über ein Drittel der gekühlten Fleisch- und Wurstwaren aus den Haltungsformen 3, 4 und 5 – ein deutlicher Fortschritt im Vergleich zu den Vorjahren. Aldi Süd hat rund 2000 Läden in Süd- und Westdeutschland.

Nachhaltigkeitschefin Julia Adou betont, dass die Kundschaft diesen Wandel auch mittrage. Die Nachfrage nach Fleisch aus besseren Haltungsbedingungen steige nämlich kontinuierlich.

Der Handel zieht nach – ein Branchenwandel bis 2030

ALDI Süd ist dabei nicht allein mit dieser Entscheidung. Auch andere große Handelsketten in Deutschland haben angekündigt, ihre Fleischangebote bis spätestens 2030 vollständig auf die höheren Haltungsstufen 3 und 4 umzustellen. Darunter auch ALDI Nord, Rewe, Penny, Edeka, Kaufland und Lidl. Ziel ist es, die gesetzlichen Mindeststandards schrittweise hinter sich zu lassen und Tierwohl stärker in den Fokus zu rücken.

Aldi hat mit seiner Entscheidung natürlich einen enormen Einfluss auf das Kaufverhalten der Menschen. Ein Wandel in unserer Ernährung ist ohne den Lebensmitteleinzelhandel nicht zu machen, wie schon beim 21. Marktgespräch erklärt wurde. Es ist nur von Vorteil wenn ein so großes und einflussreiches Unternehmen sich bewusst für mehr Nachhaltigkeit und Tierwohl entscheidet.

Lage in Österreich

Auch in Österreich bewegt sich viel, wenn es um das Thema Tierwohl geht. Handelsketten wie BILLA haben mit Initiativen wie „Fair zum Tier!“ sowie der Bio-Einstiegs-Marke Ja! Natürlich. bereits Rahmenbedingungen geschaffen, die Tierwohl fördern aber auch Bio – in Form der Eigenmarke – in die Regale bringen.

Gleichzeitig ist der Diskonter HOFER (Schwesterfirma von ALDI) mit der Eigenmarke FairHOF seit Jahren Vorreiter in Sachen Tierwohl-Haltungsformen und hat damit den Weg für die Branche quasi mitgeprägt. Im Vergleich zu ALDI Süd hat HOFER diesen Schritt in Richtung Tierwohl bereits 2017 gesetzt. Außerdem gibt es dort auch die Bio-Eigenmarke Zurück zum Ursprung.

Das AMA-Gütesiegel

Das AMA-Gütesiegel ist in Österreich das staatlich anerkannte Herkunfts- und Qualitätssiegel für landwirtschaftliche Produkte. Es steht in erster Linie für kontrollierte Qualität aus Österreich und gilt sowohl für konventionelle als auch für biologische Erzeugung. Fleisch darf dieses Siegel nur tragen, wenn die Tiere in Österreich geboren, gemästet, geschlachtet und zerlegt wurden. Die Teilnahme am AMA-Programm ist freiwillig, bringt für die Betriebe jedoch regelmäßige und strengere Kontrollen mit sich als bei nicht zertifizierten Produzent:innen – wie auch der Standard berichtet.

Neben dem klassischen AMA-Gütesiegel gibt es auch das AMA-BIO-Siegel, das ausschließlich für biologisch erzeugte Produkte vergeben wird. Dieses Bio-Siegel geht dabei über die Anforderungen der EU-Bio-Verordnung hinaus. Insbesondere was Tierhaltung, Fütterung und den Einsatz von Betriebsmitteln betrifft.

Ein wichtiger Schritt für mehr Nachhaltigkeit und Tierwohl

Der Ausstieg aus der niedrigsten Haltungsform ist dabei ein wichtiges Signal. Nicht nur an die Branche selbst, sondern auch an die Landwirtschaft. Denn wo der Handel neue Standards setzt, müssen Produzentinnen und Produzenten nachziehen. Das kann langfristig zu einer Verbesserung der Haltungsbedingungen führen, zu mehr Transparenz und einer höheren Wertschätzung für tierische Produkte.

Gleichzeitig eröffnet dieser Wandel auch Chancen für die Bio-Landwirtschaft. Höhere Haltungsstufen setzen automatisch auf tiergerechtere Bedingungen, regionale Erzeugung und eine nachhaltigere Bewirtschaftung. Das könnte mittelfristig die Nachfrage nach Bio-Fleisch zusätzlich ankurbeln – und den Weg zu einer flächendeckenden ökologischeren Lebensmittelproduktion ebnen.


Titelbild © R. G via unsplash (Zugriff 05.11.2025)