
Im Fokus des ersten Webinars unserer Infoplattform stand die Bio-Rinderhaltung. Thomas Reisinger (Sonnbergbiofleisch), Barbara (ETÖ) und Lukas Hochwallner gewährten spannende Einblicke zur aktuellen Marktsituation, der versteckten Kostenwahrheit sowie praxisnahe Tipps zur Weidehaltung. Das Fazit: Bio-Tierhaltung ist nicht nur eine persönliche Überzeugung, sondern eine wirtschaftlich relevante Zukunftsstrategie.
Vorstellung der Biofleisch-Info-Plattform
Das Webinar begann mit der Vorstellung der Biofleisch-Info-Plattform und deren Relevanz für Landwirte, aber vor allem auch für Gastronomen, die mit Bio-Produkten arbeiten wollen oder bereits arbeiten. Die BioFleischinfo-Seite bietet wertvolle Informationen und praxisnahe Unterstützung für Gastronomen und Landwirte, die sich für nachhaltige und tiergerechte Fleischproduktion interessieren.
Bio-Rinderhaltung und Preisbildung
Der erste Teil des Webinars, geleitet von Thomas Reisinger von Sonnberg Biofleisch, widmete sich der Preisstruktur bei Bio-Kühen und Bio-Rindern – einem Thema, das nicht nur für Produzenten, sondern auch für Gastronomen im Einkauf von Bedeutung ist.
Für eine Bio-Kuh setzt sich der Preis typischerweise aus mehreren Komponenten zusammen:
- Konventioneller Basispreis
- Zuschläge und Abschläge je nach Fettklasse, Alter, Kategorie (z. Jungkuhabschlag/-zuschlag)
- Bio-Zuschlag
- Schlachthofabhängiger Bonus
Der Endpreis kann je nach Region und Schlachthof deutlich variieren. So werden in Regionen mit hoher Nachfrage teils Preise über 6 €/kg gezahlt.
Beim Bio-Rindfleisch liegen die Netto-Preise aktuell (Stand KW20) bei 6,50–6,60 €/kg, abhängig von Gewicht, Qualität und Bonusregelungen. Diese Entwicklung spiegelt die wachsende Wertschätzung und Nachfrage wider.
Marktdaten: Bio in Zahlen – Wachstum mit Qualität
Ein weiteres zentrales Thema war die Marktentwicklung im Biosegment, vorgestellt anhand von AMA-Marktdaten (RollAMA).
Erkenntnisse aus dem Webinar:
- Bio-Produkte allgemein: Mengen und Umsatz auf Allzeithoch
- Bio-Fleisch: Besonders Rind und Geflügel legen deutlich zu
- Bio-Faschiertes: Entwicklung zum Bestseller, da vielseitig einsetzbar
- Bio-Wurstwaren: Entwicklung stabil, aber mit Nachholbedarf im Anteil
Ein zentrales Learning: Konsumenten und Konsumentinnen wollen Bio, kaufen es und suchen gezielt danach. Besonders in der Gastronomie und im Lebensmittelhandel bedeutet das: Wer Bio anbietet, bedient einen stark wachsenden Markt.
ETÖ: Bio als gesellschaftlicher Hebel für Zukunftssicherung
Barbara Holzer-Rappoldt von der Biobewegung Enkeltaugliches Österreich (ETÖ) gab einen visionären, faktenbasierten Einblick in die Rolle von Bio für die Gesellschaft.
Kernbotschaften:
- Bio ist wirtschaftlich – nicht teuer: Die konventionelle Landwirtschaft verursacht in der EU jährlich 157 Milliarden Euro an Folgekosten (z. für Wasserreinigung, CO₂-Ausgleich, Biodiversitätsverluste). Bio reduziert diese Kosten jedoch, was auch wissenschaftlich belegbar ist.
- Öffentliche Beschaffung als Hebel: Wenn Gemeinden, Schulen, Spitäler und andere öffentliche Einrichtungen gezielt Bio einkaufen, stärken sie den Markt langfristig – und schaffen Planungssicherheit für Bio-Bauern. Und sparen aber auch Kosten, da Bio langfristig gesehen am günstigsten ist.
- Enkeltauglichkeit als Leitbild: Bio bedeutet, heute so zu wirtschaften, dass es auch für kommende Generationen Sinn ergibt – ökologisch, sozial und ökonomisch.
Die Botschaft war klar: Bio ist kein Luxusprodukt, sondern eine Antwort auf systemische Herausforderungen unserer Zeit.
Bio-Rinderhaltung: Praxiswissen von Lukas Hochwallner
Der dritte Teil des Webinars gehörte Lukas Hochwallner, Bio-Landwirt und ARGE-Geschäftsführer. Er präsentierte konkrete Lösungsansätze aus der Praxis, insbesondere für die nachhaltige Rinderhaltung mit Fokus auf Weidewirtschaft.
Weidehaltung als Schlüssel zu Bodenfruchtbarkeit, Tiergesundheit und Wirtschaftlichkeit
Die Weidehaltung wurde im Webinar als zentrales Element für eine nachhaltige, wirtschaftliche und tiergerechte Bio-Landwirtschaft hervorgehoben. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, da auf der Fläche selbst deutlich weniger Dünger und CO₂-Emissionen anfallen. Auch Ammoniakemissionen werden vermieden, weil Kot und Harn direkt auf der Fläche bleiben und von den Pflanzen effizient verwertet werden können.
Gleichzeitig ist die Weidehaltung ein echter Kostenfaktor-Vorteil: Der Einsatz teurer Betriebsmittel wie Kraftfutter oder aufwendige Fütterungssysteme entfällt zu großen Teilen. Dadurch sinken die Ausgaben, während die Wirtschaftlichkeit des Betriebs steigt.
Auch in puncto Tiergesundheit und Lebensqualität bringt die Weidehaltung klare Vorteile mit sich: Die Tiere können ihr natürliches Verhalten ausleben, bewegen sich mehr, und das Fütterungsmanagement wird deutlich vereinfacht – kein Mischen, kein Ausfahren, keine aufwendige Technik. Für viele Betriebe bedeutet das: mehr Lebensqualität, geringerer Arbeitsaufwand und gesündere Tiere.
Koppelweidesystem: Vorteile gegenüber Kurzrasenweide
Im Fokus stand auch das Koppelweidesystem. Dieses bietet gegenüber der Kurzrasenweide mehrere entscheidende Vorteile. Es ist widerstandsfähiger und ermöglicht, dass ein gewisser Futtervorrat direkt auf der Fläche stehen bleibt. Dadurch entsteht unter den Pflanzen ein feuchteres Mikroklima, das Verdunstungsverluste reduziert und die Futterqualität länger erhält. Ein weiterer praktischer Vorteil: Die Tiere können für 4–5 Tage mit ausreichend Weidefutter versorgt werden, was den Arbeitsaufwand reduziert und dem Landwirt mehr Flexibilität gibt – etwa um auch einmal einige Tage vom Hof weg zu sein, ohne sofort umstecken zu müssen.
Das Fazit: Weidehaltung spart Betriebsmittel, erhöht die Tiergesundheit und Lebensqualität – und verbessert die Wirtschaftlichkeit.
Ausblick: Weitere Webinare in Planung
Das Webinar war nicht nur informativ, sondern auch ein starkes Plädoyer für Zusammenarbeit und Weitblick in der Bio-Branche. Das große Interesse – knapp 90 Besuchende zeigen, dass das Thema immer mehr Menschen interessiert.
Weitere Webinare mit spannenden Themen und renommierten Keynote-Speakern sind bereits in Planung. Ob Weidestrategien, Vermarktung, Gastronomie oder Bio-Zertifizierung – es lohnt sich, dabei zu bleiben und sich frühzeitig anzumelden.