
Von der aktuellen Marktsituation von Biofleisch, über die Klassifizierung am Bio-Schlachthof, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz, bis hin zur Wintervorbereitungen nach der Weidesaison. All diese wichtigen Themen wurden in unserem zweiten Webinar abgedeckt. Ein Nachbericht.
Bio-Rinderhaltung: Ein Überblick
Im Mittelpunkt des 2. Webinars zum Thema Bio-Rinderhaltung standen Themen, die für Rinderhalter:innen besonders relevant sind. Von der aktuellen Marktsituation bis hin zum praktischen Alltag. Eingangs wurde ein Blick in die Zukunft geworfen. Wohin entwickelt sich der Absatzmarkt für Rinder und Fleischprodukte, welche Chancen und Herausforderungen zeichnen sich ab? Im Anschluss folgte ein spannender Vortrag über die Klassifizierung am Bio-Schlachthof sowie den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in diesem Bereich. Dazu konnten Sebastian Huber und Josef Feigl von der ÖFK ihr Fachwissen mit den Teilnehmenden teilen.
Besonders praxisnah ging es danach gelich weiter. Dr. Walter Starz von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein sprach über die Wintervorbereitungen nach der Weidesaison. Welche Maßnahmen sind sinnvoll, welche eher kontraproduktiv – und worauf sollten Rinderhalter:innen in dieser Übergangszeit besonders achten? Mit seinem Fachvortrag gab er wertvolle Impulse, die die tägliche Arbeit der Betriebe unmittelbar betreffen.
Marktsituation im Rinderbereich
Zu Beginn des Fachvortrags wurde ein Blick auf die aktuelle Marktsituation im Rinderbereich geworfen. Mit bemerkenswerten Entwicklungen seit Jahresbeginn. Während der Basispreis für Bio-Rinder im Jänner noch bei rund 5,60 €/kg lag, hat er sich bis September auf 7,37 €/kg gesteigert. Das entspricht einem Anstieg von mehr als 30 %. Noch deutlicher fällt die Preisentwicklung bei Bio-Kühen aus. Von einem Basispreis von 4,31 €/kg stieg dieser auf 6,48 €/kg. Also um mehr als 50 %. Auch im Kalbfleischbereich haben die Preise die 10 €-Marke überschritten und liegen damit ebenfalls um über 20 % höher als zu Jahresbeginn. Ursache ist vor allem das Auseinanderklaffen von Angebot und Nachfrage, was die Preissteigerungen weiter antreibt.
Diese positive Preisentwicklung bedeutet für spürbare Chancen im Absatzmarkt. Gleichzeitig wurde aber betont, dass es nicht nur um den Preis allein geht: Besonders für Bio-Betriebe sollte entscheidend sein, wohin die Tiere gehen und unter welchen Bedingungen sie weiterverarbeitet werden. Der Appell an die Bäuerinnen und Bauern lautete daher, sich stärker dafür zu interessieren, welchen Weg ihre Tiere nach dem Hof nehmen und welche Rolle ein stressfreier, tiergerechter Umgang im Schlachtprozess spielt.
Abschließend wurde auf das Angebot regelmäßiger Stallführungen hingewiesen, die jeden letzten Mittwoch im Monat stattfinden bei Sonnberg Biofleisch stattfinden. Hier haben Landwirt:innen die Möglichkeit, sich direkt ein Bild davon zu machen, wie Tiere bei Sonnberg gehalten und stressfrei zur Schlachtung geführt werden. Ein entscheidender Faktor, der weit über die rein technischen Abläufe hinausgeht.
Bio-Rindfleisch: ein Fazit
Die Nachfrage nach Bio-Rindfleisch ist weiterhin stabil, doch im Handel lassen sich die gestiegenen Preise nur schwer durchsetzen. Durch die hohe Kapazität der Schlachthöfe kommt es zu einem Verdrängungsmarkt, weshalb der Export für Produzent:innen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Beim Bio-Kalbfleisch zeigt sich ein geteiltes Bild: Während Edelstücke gut absetzbar sind, lassen sich Vorderteile und Gulasch nur zu günstigeren Preisen vermarkten.
Bio-Rinder-Klassifizierung
Die Rinder-Klassifizierung in Oberösterreich wird vom Klassifizierungsdienst des LFL Oberösterreich durchgeführt, der unter anderem von Josef Haigl geleitet wird. Dieser erklärt im 2. Webinar die genauen Klassifizierungsabläufe und veranschaulicht, was als mangelhaft gilt und was nicht. Ein eigener Klassifizierungsausschuss, in dem Landwirtschaft und Schlachthofwirtschaft vertreten sind, berät dabei regelmäßig über Kostenstrukturen und aktuelle Entwicklungen.
Warum wird klassifiziert?
Die Klassifizierung dient der fairen Bezahlung der Landwirte, da Qualität und Handelsklasse der Tiere objektiv festgestellt werden. Gleichzeitig erfüllt sie eine wichtige Kontroll- und Dokumentationsfunktion im Schlachtprozess.
Wann ist Klassifizierung vorgeschrieben?
Gesetzlich besteht eine Pflicht, wenn ein Schlachtbetrieb durchschnittlich mehr als 20 Rinder oder 60 Schweine pro Woche verarbeitet. Kleinere Schlachtbetriebe können den Klassifizierungsdienst freiwillig beauftragen.
Wie läuft die Klassifizierung ab?
Vor Ort im Schlachtbetrieb werden die Tiere identifiziert, gewogen und gemäß gesetzlichen Handelsklassen eingestuft. Zusätzlich erfolgen Kontrollen zur Einhaltung von Normen sowie die EDV-gestützte Dokumentation und Abspeicherung der Ergebnisse. Viele Betriebe beauftragen den Klassifizierungsdienst außerdem mit Zusatzaufgaben, wie der Auslobung von Bio-Programmen (z. B. Bio Austria, Ja! Natürlich) oder speziellen Kennzeichnungen.
Insgesamt betreut der Klassifizierungsdienst in Oberösterreich 25 Schlachtbetriebe mit 30 Standorten, wo jährlich rund 1,68 Mio. Schweine, 185.000 Rinder und 5.500 Schafe klassifiziert werden.
KI-Klassifizierungsdienste
Die Klassifizierungsdienste übernehmen vor Ort zentrale Aufgaben wie die Einstufung von Rindern nach Fleisch- und Fettklasse sowie die Einordnung von Schweinen nach Muskel-Fett-Anteil. Zusätzlich erfolgen Gewichtsfeststellung, Identifizierung, Zurichtung und die Kennzeichnung von Qualitäts- und Markenprogrammen. Dabei wird etwa überprüft, ob die Kriterien des AMA-Gütesiegels erfüllt sind. Nur dann dürfen die Schlachtkörper entsprechend gekennzeichnet werden.
Neue KI-Lösung sollen nun dabei helfen, diese Klassifizierungen zu erleichtern. In der Fleischwirtschaft werden derzeit eine Reihe innovativer KI-Systeme entwickelt und erprobt, die allesamt als Assistenzlösungen gedacht sind und Mitarbeiter:innen nicht ersetzen, sondern gezielt unterstützen sollen, wie Sebastian Huber von der ÖFK versichert.
Besonders im Fokus steht die KI-gestützte Rinderklassifizierung. Diese bewertet mithilfe von Kameras – zunehmend auch in Videoform – Schlachtkörper ganz objektiv und macht so die Einstufung in Fleisch- und Fettklassen um einiges verlässlicher. Auch in Zerlegebetrieben kommt KI zum Einsatz. Dort erkennt sie automatisch Produkte wie Tomahawk-Steaks oder Koteletts und erspart den Mitarbeitenden das mühsame manuelle Nachschlagen in umfangreichen Katalogen. Für mehr Effizienz und Sicherheit sorgt zudem die automatisierte Schlachtnummernerkennung, welche Nummern direkt aus Bildern liest, während die KI-gestützte Schwanzlängenerfassung bei Schweinen wertvolle Daten für Tiergesundheit und Tierschutz liefert.
Im Veterinärbereich unterstützen Systeme bei der Organbefundung und Ohrenläsionserkennung. Aber auch die Geschlechterkennung bei Schweinen – wichtig zur Einschätzung des Eberrisikos – wird bereits erfolgreich eingesetzt. Darüber hinaus erleichtern KI-basierte Lösungen den Alltag durch das automatisierte Auslesen elektronischer Ohrmarken, die Fotodokumentation jedes Schlachttieres für Reklamationen und Nachweise sowie die digitale Berechnung von Tiertransportwegen zur Qualitätssicherung. Gemeinsam eröffnen diese neuen und innovativen Technologien einen Weg zu mehr Objektivität, Transparenz und Effizienz entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Immer mit dem Ziel, Menschen bei ihrer Arbeit zu unterstützen.
Wintervorbereitungen nach der Weidesaison
Ein weiterer Punkt des Webinars waren die Wintervorbereitungen nach der Weidesaison. Walter Starz von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein betonte in seinem Vortrag dabei die zentrale Bedeutung einer sorgfältigen Vorbereitung des Grünlands auf den Winter. Entscheidend sei, dass diese Vorbereitung nicht erst mit dem Ende der Beweidung beginnt, sondern bereits in den letzten Wochen der Weidesaison. Ein häufiges Problem sei, dass sowohl der Weideaustrieb im Frühjahr als auch das Ende der Beweidung im Herbst zu spät erfolgen. Besonders im Herbst, wenn die Wachstumsleistung der Pflanzen aufgrund kürzerer Tage und sinkender Temperaturen deutlich nachlässt, ist es wichtig, die Bestände nicht zu stark abzugrasen. Eine zu intensive Nutzung schwächt das Regenerationsvermögen und wirkt sich negativ auf den Ertrag im kommenden Jahr aus.
Zu hohe Viehdichten verursachen Trittschäden
Um Schäden zu vermeiden, sollte im Herbst möglichst großflächig und nicht in kleinen Parzellen beweidet werden, da hohe Viehdichten auf feuchten Böden schnell Trittschäden verursachen. Solche offenen Stellen sind ideale Eintrittspforten für unerwünschte Arten wie die Gemeine Rispe oder Ampfer. Wenn dennoch Schäden auftreten, können diese durch Nachsaaten bis Ende September ausgeglichen werden – später sei das Risiko eines Misserfolgs aufgrund verkürzter Vegetationszeiten zu hoch.
Ein wichtiger Grundsatz lautet daher: keine massiven Trittschäden und nicht zu tief beweiden. Grünlandflächen sollten mit einer Restaufwuchshöhe von sieben bis zehn Zentimetern in den Winter gehen. Auch Pflegemaßnahmen wie das Mulchen von Futterresten sind sinnvoll, um abgestorbenes Material zu zerkleinern und so die Futterqualität im Frühjahr zu sichern. Dabei müsse der Mulcher allerdings richtig eingestellt werden, da zu tiefes Mulchen die Grasnarbe schädigen und langfristig Ertragsrückgänge verursachen könne.
Gülle im Frühjahr: Festmist im Herbst
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Düngung. Während Gülle wegen ihrer raschen Nährstoffwirkung im Frühjahr besonders wertvoll ist, gilt im Herbst vor allem die Ausbringung von Festmist auf Dauerweiden als ideale Maßnahme. Dieser kann über den Winter langsam verrotten und im Frühjahr ohne Beeinträchtigung der Futterqualität Nährstoffe freisetzen. Wichtig sei jedoch, regelmäßig und in gleichbleibender Menge zu düngen, um eine kontinuierliche Nährstoffversorgung zu gewährleisten.
Zusammengefasst liegt der Fokus bei der Herbstbeweidung und Wintervorbereitung auf drei wesentlichen Punkten: die Grasnarbe schonen, Flächen nicht zu tief beweiden oder beschädigen und eine angepasste Düngung vornehmen. Werden diese Grundregeln beachtet, starten Grünlandflächen vital in das neue Vegetationsjahr und sichern sowohl Ertrag als auch Qualität im kommenden Frühjahr.
Fazit
Das zweite Webinar der ARGE NahtürlichBIO war ein voller Erfolg. Sowohl für die zahlreichen Teilnehmer:innen als auch für die Referenten und Organisatoren. Der intensive Austausch, die fundierten Einblicke und die praxisnahen Diskussionen haben erneut gezeigt, wie groß das Interesse an aktuellen Entwicklungen im Bereich Biofleisch ist. Schon jetzt wird mit viel Engagement an den Themen für das nächste Webinar gearbeitet. Mit dem Ziel, die Reihe weiterhin als wertvolle Informations- und Austauschplattform für die gesamte Branche zu etablieren.
Titelbild © ARGE NahtürlichBIO
