
Immer mehr Menschen wünschen sich regionale und biologische Lebensmittel. Doch der Einkauf im Supermarkt oder am Bauernmarkt selbst ist oft teuer, unübersichtlich und vor allem zeitaufwändig. In der Schweiz hat ein Landwirt aus dem Kanton Bern daher ein Modell entwickelt, das die Idee der solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi) auf eine neue Ebene hebt: Eine Bio-Flatrate – also Bio-Lebensmittel zum Fixpreis, so viel man braucht, ohne Mengenbegrenzung.
Die Bio-Flatrate
Markus Bucher, Landwirt aus Grossaffoltern im Berner Seeland, hat seinen Hof „Farngut“ völlig neu gedacht. Nach über 20 Jahren in der Bio-Lieferproduktion für den Handel suchte er nach einer nachhaltigeren, faireren und direkteren Form der Vermarktung, da er in der Massenproduktion keinen Sinn mehr gesehen hat. Nach einem Versuch mit Bio-Gemüseabos setzt er nun ganz auf seine „Bio-Lebensmittel-Flatrate.“
Bedeutet: Heute können seine Kundinnen und Kunden mit einem jährlichen Fixpreis alle benötigten Lebensmittel direkt vom Farngut-Hof beziehen – Gemüse, Hülsenfrüchte, Getreide, Teigwaren, Öle und sogar Rindfleisch und Milchprodukte. Dabei deckt Bucher mit seinem Angebot rund 80 bis 90 Prozent des täglichen Bedarfs ab.
Alle seine Produkte entstehen dabei im Einklang mit der Natur. Bucher produziert in Mischkulturen. Bäume, Gemüsebeete, Steinhügel, Wassertümpel bilden auf den Feldern ein nachhaltiges Ökosystem. «Gesunder Boden ist die Basis von allem», erklärt er.
Bio zum Fixpreis – so funktioniert das Modell
Das Prinzip von Bucher ist dabei recht einfach: Wer Teil der Gemeinschaft wird, zahlt eine Pauschale und darf sich regelmäßig Lebensmittel holen oder liefern lassen. Eine Einzelperson bezahlt in der Schweiz für diesen Service rund 4.400 Franken pro Jahr (etwa 4300 Euro) – für ein Abo inklusive tierischer Produkte. 3.700 Franken zahlt eine Einzelperson pro Jahr für das Standard-Abo ohne tierische Produkte.
Für eine Familie mit zwei Kindern liegt der Preis für das Abo mit tierischen Erzeugnissen so bei 10.400 Franken (ca. 11.177 Euro) – das entspricht etwa 931 Euro pro Monat.
Teuer: aber nur auf den ersten Blick
Das alles klingt auf den ersten Blick recht teuer, doch muss man bedenken, dass es sich dabei um Schweizer Preise handelt. Laut dem Statistischen Amt der Europäischen Union, Eurostat, lag 2024 das generelle Schweizer Preisniveau nämlich 84,3 Prozent über dem EU-Schnitt. Für Lebensmittel mussten die Schweizer circa 58,5 Prozent mehr bezahlen als Konsumentinnen und Konsumenten in der EU und rund 40 Prozent mehr als ihre österreichischen Nachbarn.
Würde man das Schweizer Modell also auf Österreich übertragen, wäre dasselbe Angebot etwa 40 Prozent günstiger. Eine österreichische Familie käme damit auf rund 560 Euro im Monat, eine Einzelperson auf etwa 215 bis 250 Euro – also deutlich weniger, als man vielleicht vermuten würde.
Was sagen die Zahlen aus Österreich?
Laut den aktuellsten RollAMA-Zahlen (AMA-Marketing, 1. Halbjahr 2025) geben österreichische Haushalte im Durchschnitt rund 230 Euro pro Monat für Lebensmittel aus. Allerdings nur für den sogenannten RollAMA-Warenkorb, der sich auf Grundnahrungsmittel wie Milchprodukte, Fleisch, Wurst, Obst, Gemüse, Brot, Eier und pflanzliche Alternativen beschränkt. Nicht berücksichtigt sind Ausgaben für Getränke, Gastronomie, Märkte, Direktvermarkter oder Non-Food-Produkte wie Reinigungs- und Körperpflegeartikel.
Das von der Schuldnerberatung Österreich veröffentlichte Referenzbudget ergibt hingegen ein umfassenderes Bild: Eine vierköpfige Familie (zwei Erwachsene, zwei Kinder) gibt demnach monatlich rund 4.433 Euro aus, davon entfallen etwa 1.149 Euro auf Nahrungsmittel.
Bio-Flatrate in Österreich
Rechnet man all diese Zahlen zusammen, zeigt sich: So teuer wie in der Schweiz wäre eine Bio-Flatrate in Österreich wohl nicht. Vor allem, wenn man die niedrigeren Lebenshaltungskosten berücksichtigt. Ein solches Abo-Modell könnte sich hierzulande im Bereich von 500 bis 600 Euro pro Monat für eine Familie bewegen – und damit im Rahmen eines bewussten, gesunden und nachhaltigen Lebensstils liegen.
Bezüglich des Preises hat auch Bucher etwas zu sagen: «Viele Menschen sind sich nicht bewusst, wie viel Geld sie pro Jahr für ihre Lebensmittel ausgeben», sagt der Landwirt. Wenn man genau hinschaue, sei sein Preis sogar eher tief. «Die Kundschaft kann sich frei bedienen, muss nirgendwo anstehen, kann so viele Produkte einpacken, wie sie will – was gibt es Angenehmeres?»
Der wahre Wert unserer Lebensmittel
Das Thema um den Preis zeigt auch ein grundsätzliches Problem unserer Gesellschaft. Wir sind es gewohnt, dass Lebensmittel billig sein müssen. Dabei verlieren wir oft aus dem Blick, welchen Wert sie wirklich haben. Für unsere Gesundheit, für die Umwelt und für die Menschen, die sie produzieren. Ein fairer Preis deckt nämlich nicht nur die Produktionskosten, sondern sichert auch langfristig nachhaltige Strukturen in der Landwirtschaft.
Ein Modell mit Zukunft – auch für Österreich
Ob das Schweizer Bio-Flatrate-Modell Schule macht, ist offen. Doch es zeigt: Neue Wege in der Ernährung sind möglich, wenn Produzentinnen/ Produzenten und Konsumentinnen/ Konsumenten gemeinsam Verantwortung übernehmen. In Österreich gibt es bereits ähnliche Initiativen wie solidarische Landwirtschaften oder Bauernkooperationen, die ebenfalls auf direkte Partnerschaften setzen.
Das „Flatrate-Prinzip“ könnte somit auch hierzulande eine spannende Ergänzung sein. Vor allem für Menschen, die Wert auf regionale, biologische und faire Lebensmittel legen. Dieses Modell würde auch helfen, Produzent:innen unabhängiger vom Handel zu machen und gleichzeitig den Verbraucherinnen und Verbrauchern Planungssicherheit und Vertrauen geben.
Bio zum Fixpreis: ein Fazit
Bio zum Fixpreis. Das klingt zunächst ungewohnt, ist aber durchaus ein Modell mit großem Potenzial. Es verbindet Ernährungssicherheit, Nachhaltigkeit und Fairness auf innovative Weise.
Vielleicht braucht es auch in Österreich bald mehr mutige Landwirtinnen und Landwirte wie Markus Bucher, die zeigen, dass Landwirtschaft und Wirtschaft neu gedacht werden können – mit echtem Wert statt Billigmentalität.
Titelbild © Markus Spiske via unsplash (Zugriff 07.11.2025)
