
Die Phase unmittelbar nach der Weidesaison entscheidet maßgeblich darüber, wie produktiv und widerstandsfähig Grünland ins nächste Vegetationsjahr startet. Dr. Walter Starz von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein hat aus jahrelanger Praxis für uns zusammengefasst, welche Maßnahmen jetzt den Unterschied machen. Dazu gehören richtiges Timing beim Weideende, passende Beweidungsstrategien, gezielte Pflege (Mulchen, Nachsaat) und ein durchdachtes Düngemanagement. Wer diese Stellschrauben beachtet, sichert sowohl Ertrag als auch Bestandsstabilität. Wer sie vernachlässigt, riskiert Trittschäden, unerwünschte Arten und Ertragsverluste im Folgejahr. Ein Überblick.
Warum die Herbstpflege so wichtig ist
Im Herbst nimmt die Zuwachsleistung der Pflanzen deutlich ab: kürzere Tage, niedrigere Temperaturen und häufigere Tau- und Morgennässe reduzieren das Regenerationsvermögen. Werden Bestände in dieser Phase zu stark abgeweidet oder mehrfach intensiv bewirtschaftet, schwächt das die Grasnarbe nachhaltig. Offene Stellen werden so zu Bereichen für konkurrenzschwache, aber störende Arten (z. B. Gemeine Rispe, stumpfblättriger Ampfer), die später die Flächenqualität mindern. Konsequenz: geringerer Erstaufwuchs und niedrigere Erträge im Frühjahr!
Timing: Weideaustrieb und Weideende richtig setzen
Der richtige Zeitpunkt für den Weideaustrieb und das Weideende ist entscheidend für die Gesundheit des Bestandes. Ein zu später Beginn ebenso wie ein zu spätes Ende sind problematisch, da die Pflanzen vor Eintritt in die Herbstruhe genügend Zeit zur Regeneration brauchen. Besonders wichtig ist daher ein planvoller Abbau der Beweidung im Herbst.
Auf Flächen mit nur noch geringem Aufwuchs – etwa Restmengen von ein bis zwei Siloballen pro Hektar – kann eine Herbstbeweidung sinnvoll sein, allerdings nur in flächiger und leichter Form, nicht in intensiver Portionsweide. Damit die Pflanzen gestärkt in das nächste Frühjahr starten können, sollten die Flächen mit einer Resthöhe von sieben bis zehn Zentimetern in den Winter gehen. Dies sichert ausreichend Blattmasse und stärkt die Wurzeln für den ersten Aufwuchs im Folgejahr. Wichtig: zu hoch sollte das Gras auch nicht in den Winter gehen, damit im Frühling nicht zu viele Altgrasreste überbleiben.
Beweidungsstrategie: großflächig statt zu intensive portionsweise
Für die Herbstbeweidung erweist sich eine großflächige Weide als besonders vorteilhaft. Die Tiere verteilen sich gleichmäßiger über die Fläche, wodurch Trittschäden und Bodenverdichtungen weitgehend vermieden werden. Alternativ dazu ist aber auch eine Portionsweide möglich. Man sollte jedoch wissen, dass die Portionsweide in der Praxis häufig nicht korrekt umgesetzt wird.
Portionsweide: richtig abstecken
In Mitteleuropa bedeutet Portionsweide, dass ich, wenn ich vorne eine neue Fläche dazu zäune, gleichzeitig im bereits abgeweideten Bereich wieder ein Stück wegzäunen muss, erklärt Walter Starz. Die Weidefläche „wandert“ also kontinuierlich weiter. In der Praxis sieht man jedoch häufig, dass nur vorne erweitert wird, ohne hinten abzusperren – was nicht dem Prinzip der echten Portionsweide entspricht.
Gerade für Gemischtbetriebe oder Höfe mit Ackerflächen kann diese Form der Beweidung jedoch sehr sinnvoll sein. So lassen sich nämlich Zwischenfrüchte effizient an die Tiere verfüttern, indem man sie über die Weideführung rasch und gezielt in die Fruchtfolge einbindet. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass mehrmals am Tag vor- und gleichzeitig hinten abgesperrt wird, um die Flächen optimal zu nutzen und die Beweidung gleichmäßig zu gestalten, wie Starz erläutert.
Wird die Portionsweide hingegen nur halbherzig betrieben, entstehen massive Trittschäden. Das Ziel der Herbstbeweidung muss daher sein, offene Stellen zu vermeiden, die Narbe möglichst zu schonen und den Boden nur gering zu belasten.
Nachsaat: Fenster nutzen, aber Frist beachten
Nachsaaten und Ausbesserungen sind im Regelfall bis Ende September möglich. Aufgrund der milderen Herbstwitterung in den letzten Jahren können in günstigen Regionen wie dem Alpenvorland in Ausnahmefällen auch spätere Saaten noch gelingen. Dennoch bleibt die Faustregel: rechtzeitig nachsäen.
Wichtig ist dabei eine standortgerechte Wahl der Grasmischung, die zur Nutzungsintensität passt. Auf offenen oder stark verdichteten Stellen sollte der Boden vorab oberflächlich aufgelockert werden, da sonst das Saatgut nicht aufläuft. Bei massiven Schäden reicht eine einfache Nachsaat nicht aus. Hier sind mechanische Bodenbearbeitungen erforderlich, um die Flächen wieder in einen stabilen Zustand zu bringen.
Mulchen, Mähen, Aufbereitung von Futterresten
Das Mulchen im Herbst dient dazu, hochgewachsene, faserige Stängelreste zu zerkleinern. So wird verhindert, dass abgestorbenes Material im Frühjahr zwischen dem frischen Aufwuchs liegen bleibt und die Futteraufnahme der Tiere einschränkt. Moderne Weidemulcher ermöglichen eine exakte Einstellung und schneiden die Pflanzen in kleine Partikel, die sich als Humus in den Bestand einfügen. Ein Tipp: die Mulchtiefe sollte auf maximal 7 Zentimeter eingestellt werden!
Zu tiefes Mulchen kann die Grasnarbe schädigen und langfristig Ertragsverluste verursachen. Auf stark geneigten oder unebenen Flächen ist Mulchen jedoch riskant. Dort bietet sich eher selektives Mähen mit anschließender Abfuhr des Materials an.
Düngung: Festmist im Herbst, Gülle bevorzugt im Frühjahr
Festmist ist besonders für den Herbst auf Dauerweiden geeignet. Er zersetzt sich langsam über den Winter und setzt seine Nährstoffe zeitverzögert frei, sodass die Pflanzen im Frühjahr davon profitieren, ohne dass Futterflächen durch frische Mistauflage verschmutzt werden. Da die Wirkung verzögert eintritt, ist eine regelmäßige, jährliche Ausbringung wichtig, um gleichmäßige Erträge zu sichern. Unregelmäßige Gaben, etwa nur alle drei Jahre, führen hingegen zu starken Schwankungen in der Ertragsleistung.
Gülle wirkt rascher, insbesondere durch den Stickstoffanteil, und ist daher für das Frühjahr besser geeignet. Direkt nach der Verbotszeit und bei geeigneten Bodenbedingungen kann sie den Weidebeginn beschleunigen und das Frühjahrswachstum fördern. Als Orientierungswert werden für Schnittwiesen Mengen von etwa 15 bis 20 Kubikmetern pro Hektar genannt. Besonders im ökologischen Landbau ist die Düngung jedoch eine Herausforderung, da mineralische Ergänzungen verboten sind. Eine zu intensive Herbstbeweidung ohne ausreichende Düngung kann deshalb problematisch sein.
Düngen als wertvollste Maßnahme
Das Düngen ist Starz Einschätzung und Erfahrung noch die aller wichtigste und wertvollste Maßnahme, die wir am Grünland setzen können, gerade im Bio-Bereich. Weil Dünger auf 98 Prozent der österreichischen Grünlandflächen und Bio-Betrieben Mangelware sind.
Wichtig zu wissen: Werden Weiden hauptsächlich mit Mist gedüngt, so muss dies jährlich, zum selben Zeitpunkt und in derselben Menge ausgebracht werden. Warum das so ist? Der Grund liegt in der verzögerten Wirkung. Die im Mist enthaltenen Nährstoffe werden erst nach Monaten bis hin zu mehreren Jahren durch das Bodenleben für die Pflanzen verfügbar. Würde man in größeren Abständen düngen, käme es zu „Hungerjahren“ mit Nährstoffmangel und zu Jahren mit Überversorgung. Eine regelmäßige, jährliche Mistdüngung gewährleistet dagegen eine gleichmäßige Nährstoffversorgung und stabile Erträge.
Bodenverdichtung und Sanierungsmaßnahmen
Trittschäden, offene Stellen, eine instabile Grasnarbe oder Staunässe sind deutliche Hinweise auf Bodenverdichtung. Solche Flächen sollten vor einer Nachsaat oberflächlich gelockert werden, um die Keimung zu ermöglichen. Erfolgt die Einsaat zu spät, meist nach Ende September, sind die Erfolgsaussichten deutlich eingeschränkt. In sehr milden Lagen kann zwar auch ein späterer Termin noch gelingen, doch in der Regel gilt: rechtzeitig handeln, um den Pflanzen genügend Zeit zur Etablierung vor dem Winter zu geben.
Praxis-Checkliste für die Wintervorbereitung
- Weideende rechtzeitig planen – Flächen mit 7–10 cm Aufwuchs in den Winter schicken.
- Großflächig beweiden statt hohe Viehdichten auf kleinen Parzellen.
- Trittschäden vermeiden – keine zu intensive Herbstbeweidung.
- Nachsaat bis Ende September durchführen – zuvor Boden prüfen und ggf. auflockern.
- Mulchen gezielt einsetzen, Mulcher korrekt einstellen.
- Festmist im Herbst, Gülle im Frühjahr – Mengen regelmäßig halten (Orientierung: 15–20 m³/ha bei Schnittwiesen).
- Dokumentation & Beobachtung: Flächen beobachten, Schäden sofort einschätzen und Maßnahmen planen.
Fazit
Die Vorbereitung des Grünlands auf den Winter ist weniger eine einzelne Maßnahme als das Zusammenspiel vieler kleiner Entscheidungen. Richtiges Timing, geeignete Beweidungssysteme, schonende Bodenführung, gezielte Nachsaat und ein abgestimmtes Düngemanagement. Wer jetzt in Ruhe und vorausschauend handelt, sichert die Produktion, die Artenstabilität und den Ertrag des nächsten Jahres.
Titelbild © ARGE
