
Wie schafft man es, in der Gastronomie 100 Prozent auf Bio zu setzen – und das wirtschaftlich erfolgreich? Um genau das herauszufinden, haben wir mit Elisabeth Haslinger, Küchenchefin im Landhotel Ypsertal, über ihre Speisenkalkulation gesprochen.
Bio-Küche im Fokus
Die Küche des Landhotels Ypsertal, unter der Leitung von Elisabeth Haslinger, gilt weit über die Region hinaus als Vorzeigebeispiel dafür, wie nachhaltige Gastronomie heute funktionieren kann.
Im Landhotel Ypsertal wird ausschließlich mit Bio-Zutaten gearbeitet, vorrangig von vertrauten regionalen Betrieben, frisch gekocht, und zwar in genau den Mengen, die tatsächlich benötigt werden. Im Zentrum steht dabei aber auch die Saisonalität und der Variantenreichtum. Die Speisekarte ändert sich daher ständig und orientiert sich an dem, was Feld, Garten und Lieferanten aktuell so anbieten.
Dabei wird auch die Resteverwertung kreativ gelebt, etwa indem Produkte am Folgetag erneut ans Buffet kommen oder zu neuen Speisen verarbeitet werden. Vegetarische, vegane und Fleischgerichte werden gleichberechtigt angeboten, ohne Dogmatik, aber mit viel Neugier für neue Produkte und Aromen.
Personal als wesentliche Kostenfaktor
Ob Bio oder konventionell – der Unterschied im Wareneinsatz ist wesentlich geringer, als viele annehmen, versichert Elisabeth Haslinger. Die eigentlichen Kosten entstehen vielmehr im Personalbereich. Ausschlaggebend ist dabei vor allem die Zeit, die ein Gericht in der Vorbereitung benötigt. Komplexe Gerichte verursachen daher mehr Arbeitsstunden und sind dadurch automatisch teurer, aber nicht unbedingt die Zutaten selbst.
Ein Beispiel: Ein hochwertiges Wiener Schnitzel ist in wenigen Minuten zubereitet und verursacht damit geringe Personalkosten. Eine Rindsroulade hingegen, selbst wenn sie aus einem günstigen Fleischstück hergestellt wird, braucht deutlich länger in der Zubereitung. Und genau diese zusätzliche Arbeitszeit schlägt sich dann auch in der Kalkulation nieder. Entscheidend ist also nicht immer der Produktpreis, sondern auch die Komplexität des Gerichts.
Resteverwertung als zentraler Hebel für wirtschaftliches Arbeiten
Ein weiterer wesentlicher Faktor ist der Umgang mit Lebensmitteln. Wer nur zwei Drittel der produzierten Menge verkauft, muss sich überlegen, was mit dem restlichen Drittel passiert, trifft Elisabeth Haslinger einen wichtigen Punkt. Die Fähigkeit, Reste sinnvoll weiterzuverwenden oder in neue Gerichte einzuarbeiten, ist dabei ein entscheidender Baustein für mehr Wirtschaftlichkeit.
Im Betrieb selbst wird daher konsequent auf Resteverwertung gesetzt. Nicht aus Zwang, sondern aus Überzeugung. Was gut kalkuliert und sinnvoll weiterverarbeitet werden kann, landet nicht im Müll. Das spart Kosten, schont Ressourcen und stärkt die Nachhaltigkeit.
Ein wichtiger Punkt ist dabei auch die Gestaltung der Gerichte selbst, erklärt Haslinger.
„Wenn ich meine Menüs so gestallte, dass ich auch mit den Resten, die bei der Zubereitung derselben entstehen, etwas anfangen und Folgegerichte damit kochen kann, dann ist das eine Win-Win-Situation.“
Ganzheitlich zu denken ist somit ein wesentlicher Faktor für eine positive Kalkulation.
Buffet-System ermöglicht präzise Kalkulation und weniger Verschwendung
Das trifft jetzt nicht auf alle Betriebe zu. Doch für das Landhotel Yspertal ist ihr Buffetbetriebs natürlich ein großer Vorteil. Hierbei geht es vor allem um die hohe Planbarkeit. Da die Gästezahlen meist im Vorhinein feststehen, kann die Küche natürlich exakt kalkulieren und Mengen optimal anpassen. Das reduziert Lebensmittelverschwendung massiv.
Wie das Buffet den kulinarischen Horizont erweitern kann
Zudem bietet das Buffet auch die Möglichkeit, neue Gerichte mit nur wenig Risiko auszuprobieren. Haslinger weiß, dass viele Gäste erst am Buffet zu Speisen greifen, die sie à la carte vermutlich nie bestellen würden.
Das eröffnet Chancen. Erstens: den Bio-Anteil zu erhöhen. Zweitens: den Fleischkonsum zu reduzieren und gleichzeitig spannende vegetarische Angebote zugänglich zu machen.
„Wenn das vegetarische Angebot spannend ist, dann probieren die Gäste das auch aus und dann ist die Fleischportion meistens ein bisschen kleiner.“, erläutert Haslinger ihren Ansatz.
Beim Fleisch wiederum werden von Haslinger dabei nicht nur teuer Stücke verwendet, sondern es wird ganz bewusst aus den weniger bekannten und daher günstigeren Bio-Fleischstücken etwas Gutes, Hochwertiges und Schmackhaftes hergestellt.
Für die klassische Gastronomie ist das Buffetmodell natürlich nur bedingt geeignet. Doch der Trend zu mehr Reservierungen zeigt: Auch ohne Buffet wird Planbarkeit künftig wichtiger und erleichtert eine nachhaltige Betriebsführung.
Gemüsekompetenz stärken: großer Hebel bei kleinen Kosten
Besonders bei Gemüse zeigt sich, wie groß das Potenzial günstiger Ausgangsprodukte ist. Saisonale Sorten wie Rüben im Herbst kosten wenig, setzen aber kulinarisches Können voraus. Gerade die Verarbeitung von Gemüse wird jedoch in vielen Ausbildungen nur am Rande behandelt.
Hier braucht es ein Umdenken – sowohl in Kochschulen als auch in den Betrieben. Wer Gemüse richtig einsetzen kann, spart nicht nur Kosten, sondern kann auch geschmacklich enorm gewinnen und Bio-Anteile leichter erhöhen.
Wenige Stellschrauben reichen: 30% Bio ist ganz leicht machbar
Die Küche im Landhotel Yspertal zeigt eindrucksvoll, wie ein Betrieb seine Küche auf 100% Bio auslegen kann. Wenn man das ganze also recht bedenkt, dann braucht es im Grune nicht viele Veränderungen, um zumindest einmal zu 30 Prozent auf Bio umzustellen. Danach lässt sich der Bio-Anteil dann immer noch step by step erhöhen. Entscheidend ist dabei immer eine kluge Kalkulation, ein Fokus auf Personal- und Prozessoptimierung, mutige Menügestaltung und ein verantwortungsvoller Umgang mit Lebensmitteln.
Fazit: Bio ist nicht teurer. Es erfordert lediglich ein bewusstes Arbeiten. Mit den richtigen Strukturen lässt sich ein komplett biologischer Küchenbetrieb wirtschaftlich, effizient und zukunftsorientiert führen.
Titelbild © Jason Jarrach via Unsplash (Zugriff 05.12.2025)
