
Wie viel kostet ein Apfel wirklich? Oder ein Schnitzel? Die meisten Konsument:innen orientieren sich beim Einkauf an den Preisen im Supermarktregal. Was dabei kaum jemand sieht: Ein großer Teil der tatsächlichen Kosten, etwa durch Umweltschäden, Wasserverbrauch oder gesundheitliche Folgen, bleibt hierbei unsichtbar – wird jedoch über Steuern von der Allgemeinheit getragen. Nur wenige Menschen kennen diese Zusammenhänge, doch viele wünschen sich Veränderung.
Kostenwahrheit – ein unbekannter Schlüsselbegriff
Eine aktuelle Umfrage des Marktforschungsinstituts Marketagent im Auftrag der Bewegung Enkeltaugliches Österreich (ETÖ) zeigt: Nur 33,8 % der österreichischen Bevölkerung können mit dem Begriff „Kostenwahrheit“ etwas anfangen. Dabei steht das Konzept im Zentrum nachhaltiger Wirtschaftsmodelle: Alle bei der Herstellung eines Produkts entstehenden realen Kosten – auch ökologische und soziale – sollen im Preis abgebildet sein.
In der industriellen Landwirtschaft ist das jedoch nur selten der Fall. Ob Nitrat im Trinkwasser, Luftverschmutzung durch Düngemittel oder gesundheitliche Folgekosten durch Pestizideinsatz – die Belastungen, die durch die industrielle Lebensmittelproduktion entstehen tragen nicht die Verursacher:innen. Auch werden diese versteckten Mehrkosten nicht auf den Einkaufspreis draufgeschlagen. Dennoch werden diese Kosten über Steuern und Abgaben von der Allgemeinheit getragen.
Verborgene Kosten: Wer zahlt wirklich für die Landwirtschaft?
Laut derselben Umfrage wissen ganze 47 % der Befragten nicht, dass sie diese Folgekosten – also die Schäden an der Natur, die durch eine industrielle Lebensmittelproduktion entstehen – indirekt über ihre Steuern mitfinanzieren. Dabei handelt es sich um erhebliche Summen, etwa für die Sanierung von Wasserinfrastrukturen, medizinische Folgen durch chemische Belastungen oder die Wiederherstellung von Naturräumen. Diese wahren Kosten belaufen sich, laut Erhebungen auf unglaubliche 157 Milliarden Euro. Das sind rund 1 % des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union.
Besonders kritisch ist die Unwissenheit im Vergleich von Produktionsformen: Nur 32 % wissen, dass die industrielle Landwirtschaft viel höhere versteckte Kosten verursacht als die biologische. Damit bleibt eine zentrale Erkenntnis der Nachhaltigkeitsdebatte vielen Menschen verschlossen – obwohl sie als Steuerzahler:innen direkt betroffen sind.
Umweltbewusstsein ist da – aber es fehlt an Verknüpfung mit Kosten
Trotz der Wissenslücken ist das österreichische Umweltbewusstsein recht hoch: 72 % der Befragten erkennen die negativen Auswirkungen der industriellen Landwirtschaft, darunter der Verlust von Biodiversität, Belastungen des Bodens und des Trinkwassers sowie klimaschädliche Emissionen durch energieintensive Produktionsweisen. Doch vielen fehlt die Verbindung zwischen diesen Umweltfolgen und den realwirtschaftlichen Kosten, die sie mittragen müssen.
Auch wenn sie mit dem Kauf von billig produzierten industriell hergestellten Produkten Geld zu sparen glauben, weil das Endprodukt im Supermarkt billiger ist – so zahlen sie dennoch für die Schäden, die dieses Endprodukt in seiner Produktion verursacht hat. Sie sparen daher überhaupt nicht. Diese Diskrepanz – hohes Umweltbewusstsein bei gleichzeitig geringem Wissen über finanzielle Zusammenhänge – zeigt, dass Aufklärungsarbeit dringend notwendig ist.
Klare Forderung: Politik soll handeln
Die Studie offenbart nicht nur Informationsdefizite, sondern auch einen klaren gesellschaftlichen Wunsch nach Veränderung:
84 % fordern, dass bioregionale Lebensmittel stärker in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäusern oder Amtsgebäuden zum Einsatz kommen.
83 % wünschen sich eine gezielte staatliche Förderung der bioregionalen Landwirtschaft – etwa durch Subventionen, steuerliche Anreize oder Aufklärungskampagnen.
Diese Zahlen zeigen deutlich: Die Bevölkerung ist bereit für eine neue Agrarpolitik – eine, die ökologische Nachhaltigkeit, soziale Fairness und wirtschaftliche Verantwortung zusammenbringt.
Fazit: Für eine enkeltaugliche Zukunft braucht es mehr als gutes Gewissen
Die Ergebnisse der Umfrage machen eines deutlich: Viele Menschen erkennen die ökologischen Probleme der konventionellen Landwirtschaft – aber verstehen noch nicht, wie stark sie selbst über Steuern und das Gesundheitssystem finanziell davon betroffen sind. Die große Mehrheit fordert dennoch klare Schritte in Richtung einer bioregionalen Zukunft.
Jetzt liegt es an der Politik, diesen Wunsch aufzugreifen und strukturelle Veränderungen anzustoßen. Denn nachhaltige Landwirtschaft ist kein romantisches Ideal, sondern eine notwendige wirtschaftliche, soziale und ökologische Strategie für eine zukunftsfähige Gesellschaft.
Titelbild @ Rahul Dolai via unsplash (Zugriff 24.04.2025)