Landwirtschaft

Trotz steigender Lebensmittelpreise kommt bei Österreichs Landwirtinnen und Landwirten kaum etwas an. Wie eine aktuelle Analyse des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo zeigt, landen von 100 Euro, die Haushalte für Nahrungsmittel und Getränke ausgeben, lediglich rund vier Euro direkt in der heimischen Landwirtschaft. Ein Drittel fließt ins Ausland!

Teure Lebensmittel

Seit Beginn der Teuerungskrise Anfang 2022 stiegen die Preise für Nahrungsmittel in Österreich um 30,4 % an. Dabei verteuerten sich manche Nahrungsmittel jedoch deutlich mehr. Davon betroffen auch viele Grundnahrungsmittel wie Butter (+ 42 %), Mehl (+ 39 %) oder Brot (+ 32 %). Diese Entwicklung ist eine enorme Belastung für die Menschen in Österreich.

Eine aktuelle Analyse des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo hat nun aufgeschlüsselt, wo das viele Geld, dass die Menschen für ihre alltäglichen Einkäufe ausgeben müssen, genau landet. Das Ergebnis ist dabei wirklich sehr überraschend.

Ein Drittel der Ausgaben fließt ins Ausland

Anders als womöglich viele annehmen könnten, landet der Großteil des Geldes, das für Lebensmittel ausgegeben wird, nicht beim Produzenten selbst, den Bäuerinnen und Bauern, sondern fließt ins Ausland.

Rund 34 Prozent der gesamten Lebensmittelausgaben verlassen Österreich nämlich – direkt oder indirekt. Das umfasst nicht nur importierte Lebensmittel, sondern auch Maschinen, Betriebsmittel oder Energieimporte.

Bäuerliche Betriebe erhalten sehr, sehr wenig

Von 100 Euro, die in Österreich für Essen und Trinken ausgegeben werden, landen dabei nur vier Euro in der heimischen Landwirtschaft, hat das Wifo errechnet. „Der Anteil der bäuerlichen Produktion am Endpreis ist gering – und nimmt weiter ab“, sagte WIFO-Experte Franz Sinabell gestern gegenüber den „Salzburger Nachrichten“ („SN“).

Wo der Lebensmittel-Euro tatsächlich landet

Laut Berechnung des Wifo verteilt sich die Wertschöpfung dabei sehr breit:

  • Etwa fünf Prozent fließen in die Verarbeitung von Lebensmitteln.
  • Rund 14 Prozent entfallen auf Groß- und Einzelhandel.
  • 13 Prozent gehen an die Gastronomie
  • Während die Hotellerie ebenfalls vier Prozent verdient
  • Neun Prozent des Euro gehen als Steuern an den Staat.
  • Zusätzlich profitieren Bereiche wie Immobilien, Finanzdienstleistungen, Versicherungen, Markenrechte und Patente – insgesamt rund fünf Prozent.

Oft verdiene der Handel dabei gleich mehrfach, etwa durch Eigenmarken oder über Immobiliengeschäfte, heißt es in Berichten der „Salzburger Nachrichten“.

Außer-Haus-Konsum

Nach Berechnungen des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung entfallen dabei  60 Prozent der gesamten Ausgaben für Lebensmittel auf den Einzelhandel. Wobei 40 Prozent in Gastronomie und Hotellerie fließen. Also in den Außer-Haus-Konsum.

Eine wichtige Differenzierung. Wie Wifo-Experte Sinabell erklärt: „Der Außer-Haus-Verzehr wird häufig ausgeblendet und dies verzerrt das Bild der tatsächlichen Preisentwicklung im Lebensmitteleinzelhandel“.

Landwirtschaft verdient gerade genug, „um über die Runden zu kommen“

Sinabell bringt die Lage der Landwirtschaft dabei auf den Punkt: „Landwirte erwirtschaften gerade genug, um ihre Kosten zu decken. Gleichzeitig ermöglichen sie vielen anderen Branchen hohe Gewinne.“ Man kann daher gut sagen: „In der Landwirtschaft verdient man kaum – an ihr aber sehr gut“.

Landwirtschaft ist nicht der Preistreiber!

Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Wifo-Analyse ist, dass mit dem Mythos aufgeräumt wird, die Landwirtschaft wäre der Preistreiber. Die Daten geben, was das betrifft, nämlich eine ganz andere Antwort.

Die Landwirte und Landwirtinnen sind daher nicht schuld an den hohen Lebensmittelpreisen. Vielmehr seien es die extrem gestiegenen Energiepreise und die hohen Personalkosten durch die Lohnabschlüsse der letzten Jahre.

Nur 30 Cent pro Schnitzel

Die Kleine Zeitung veranschaulicht das Problem an einem sehr guten Beispiel, wobei an einem Schnitzel im Gasthaus (Schwein), der Bauer oder die Bäuerin lediglich 30 Cent verdient. Angesichts der Tatsache, dass Österreichs Landwirtschaft weltweit Produkte mit sehr hoher Qualität produziert, recht viele Fragen über das Konzept der Gewinnaufteilung aufwirft.

Als zentrale Maßnahme wird daher nach deutlich mehr Transparenz entlang der Wertschöpfungskette verlangt. Von der Erzeugung bis zu den Verkaufsregalen. Nur wenn klar nachvollziehbar ist, wer welchen Anteil am Lebensmittel-Euro bekomme, könnten Konsument:innen bewusst entscheiden, wohin sie ihr Geld fließen lassen wollen, politische Maßnahmen gezielt wirken und landwirtschaftliche Betriebe fair entlohnt werden.

Bio als Inflationsbremse

Auch bei Bio-Lebensmittel zeigt sich ein bemerkenswerter Trend. Diese sind deutlich weniger stark von der Inflation betroffen als konventionelle Produkte. Der Grund dafür liegt vor allem in der Struktur der biologischen Landwirtschaft. Bio-Betriebe sind unabhängig von fossilen Ressourcen – chemisch-synthetische Pestizide und Kunstdünger – die im konventionellen Landbau üblich sind. Dadurch bleibt Bio preislich viel stabiler.

Ein weiterer entscheidender Faktor ist die regionale Futtergrundlage der Bio-Tierhaltung. Während konventionelle Betriebe stark von importierten Futtermitteln abhängig sind, basiert Bio überwiegend auf regional erzeugtem Futter. Diese Unabhängigkeit von internationalen Märkten macht Bio insgesamt krisenfester, resilienter und weniger inflationstreibend, wie Susanne Maier, Geschäftsführerin der BIO AUSTRIA, erklärt.


Titelbild © ARGE Nahtürlich Bio