
Österreich verpflegt täglich eine halbe Million Menschen in öffentlichen Einrichtungen. Das dafür benötigte Einkaufsvolumen sollte eigentlich für einen nachhaltigen Wandel genutzt werden: Mehr Bio, mehr Tierwohl, mehr Nachhaltigkeit. Doch nun zeigt sich, dass diese Ziele nicht nur verfehlt wurden, sondern jetzt sogar noch einmal abgeschwächt werden sollen. Ein Signal, das in Zeiten von Klimakrise, steigenden Gesundheitskosten und wachsendem Wunsch nach regionaler Qualität kaum unpassender sein könnte.
Der naBe-Aktionsplan
Täglich werden in Österreich rund 500.000 Menschen in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern, Pflegeheimen, Kasernen und Mensen verpflegt. Allein der Bund gibt dafür pro Jahr zwischen 65 und 75 Millionen Euro für Lebensmittel aus. Ein noch deutlich größerer Betrag entfällt auf Länder und Gemeinden, die den Großteil dieser Einrichtungen betreiben und entsprechend umfangreiche Lebensmittelbudgets haben.
Für die Einkäufe, welche diese Einrichtungen vornehmen, gibt es dabei eine bestimmte Vorgabe des naBe‑Aktionsplans („Nationaler Aktionsplan für nachhaltige öffentliche Beschaffung“). Was darin festgehalten wird? Österreich hat sich vorgenommen bis 2025 den Bioanteil in allen Einrichtungen des Bundes auf 30 Prozent zu steigen. Bis 2030 sogar auf 55 Prozent. Alles recht ambitioniert.
Verfehlung aller Ziele
Parlamentarische Anfragen brachten jedoch ans Licht, dass bisher nur ein Bruchteil dieser Quoten erreicht wurde. Wie die Krone herausgefunden hat, stammen sogar aus den Kantinen des Landwirtschafts-Ministeriums aktuell sogar nur etwa 30 Prozent des Fleisches aus Österreich, der Rest aus EU-Importen. Bio-Produkte wurden dabei gar nicht erst angeboten!
Drastische Veränderung der Vorgabe befürchtet
Obwohl man schon die erste Hürde in diesem Plan nicht erreicht hat, will der Bund beim Einkauf nachhaltiger Lebensmittel weiter sparen, wie der Standard berichtet. Der eigentlich verbindliche Aktionsplan für den nachhaltigen öffentlichen Lebensmitteleinkauf wird nämlich gerade kräftig überarbeitet. In der entsprechenden Beschlussvorlage ist von „schwer zu erfüllenden Quoten“ die Rede, von „mangelnder Akzeptanz der Kunden“ und den „höheren Kosten“.
Wie der Standard herausgefunden hat deutet alles auf eine tiefgreifende Aufweichung der bisherigen Ziele hin. Demzufolge könnten nahezu sämtliche Vorgaben für weniger Tierleid gestrichen werden. Eine Bioquote von mindestens 50 Prozent bis 2030 ist auf Druck der ÖVP offenbar Geschichte. Diese soll auf 30 Prozent stagnieren. Vorgaben zur gentechnikfreien Fütterung verblassen. Stattdessen werden Schlupflöcher zur Umgehung höherer Standards geschaffen.
Der Preis als falsches Argument!
Bio wird immer wieder als nicht leistbarer Kostenfaktor hingestellt. Doch diese Behauptung ist falsch! Bio kostet nicht mehr, sondern ist eine Investition: in Tierwohl, Bodengesundheit, Klimaschutz und regionale Wertschöpfung. Wer in heimische Bio-Produkte investiert, stärkt bäuerliche Existenzen (knapp ein Viertel der landwirtschaftlichen Betriebe sind Bio), reduziert Transportemissionen und sorgt für mehr Qualität in der Gemeinschaftsverpflegung.
Bio kann vor allem aber auch wirtschaftliche Vorteile bringen. Denn wenn man die wahren Kosten berücksichtigt zeigt sich ein anderes Bild. Die industrielle Lebensmittelproduktion verursacht nämlich versteckte Folgekosten (Grundwasserreinigung, Artenverlust, Klimabelastung), die wir alle nicht an der Kassa, aber später über Steuern und Umweltmaßnahmen bezahlen. Bio hingegen schont Ressourcen, schützt Böden und Wasser und vermeidet genau diese Zusatzkosten! Langfristig bedeutet das: Bio ist nicht teurer, sondern billiger!
Fehlendes Wissen
Weiteres Problem ist auch das fehlende Wissen um die Zubereitung in den Küchen, wie mit Bio-Lebensmitteln richtig umzugehen ist. Wie Ralf Schaufinger von BioMenü beim ARGE-Bio-Fachtag demonstriert hat, lässt sich ein vollwertiges Bio-Gericht bereits für rund 4 bis 5 Euro brutto anbieten. Mit einem ausgewogenen Speiseplan, der nur zweimal pro Woche Fleisch, dafür aber ausschließlich in Bio-Qualität vorsieht.
Anstatt Vorgaben zu verwässern und ambitionierte Ziele zurückzufahren, ist die Politik eher gefragt, durch gezielte Förderung regionaler Lieferketten und klare Bio-Quoten in der NaBe-Strategie den nötigen Rahmen zu schaffen, um bestehen zu können. Durch Weiterbildung lässt sich auch das Know-how stärken, wie nachhaltige Küche gelingen kann.
Fazit
Statt Verantwortung zu übernehmen, droht die Regierung jene Standards zu verwässern, die ohnehin kaum umgesetzt wurden. Das ist nicht nur mutlos – es zeigt auch, wie wenig das tatsächliche Potenzial nachhaltiger Beschaffung verstanden wird. Wer Bio als Kostenproblem darstellt, ignoriert die wahren wirtschaftlichen Zusammenhänge.
Die Absenkung der Vorgaben verkennt daher nicht nur den Wert regionaler Bio-Lebensmittel, sondern auch ihren langfristigen wirtschaftlichen Nutzen. Österreich hätte hier die Chance, eine moderne, faire und ressourcenschonende Verpflegungspolitik umzusetzen. Doch stattdessen wird zurückgerudert. Wenn die Politik wirklich nachhaltige öffentliche Küchen will, braucht es keine weichgespülten Ziele, sondern ein klares Bekenntnis zu Qualität, Transparenz und echter Kostenwahrheit.
Titelbild © Wengang Zhai via unspalsh (Zugriff 10.12.2025)
