
Im Herzen des Wiener Praters steht ein gastronomisches Unikum: die Luftburg – Kolarik im Prater. Mit 1.200 Sitzplätzen ist sie nicht nur eines der bekanntesten Wirtshäuser der Stadt, sondern auch das größte zertifizierte Bio-Restaurant der Welt. In der zweiten Episode des Podcasts von biofleischinfo spricht Gastgeber Paul Kolarik über den mutigen Weg zur 100% Bio-Zertifizierung, über Herausforderungen, persönliche Überzeugungen und nachhaltige Gastronomie als Zukunftsmodell.
Kolarik: Von der Familiengeschichte zur Bio-Vision
Die Geschichte des Restaurants Luftburg – Kolarik im Prater reicht zurück bis ins frühe 20. Jahrhundert. Paul Kolarik führt das Unternehmen inzwischen in dritter Generation und übernahm es offiziell 2020 – kurz vor Beginn der Corona-Pandemie. Statt Stillstand brachte diese Phase für ihn jedoch einen entscheidenden Schub: Er nutzte die Gelegenheit, das Gasthaus im Sinne seiner Überzeugungen weiterzuentwickeln. Bereits zuvor hatte die Familie privat auf Bio-Lebensmittel gesetzt. Doch die zentrale Frage lautete: „Geht das auch in der Gastronomie?“
Mit der Unterstützung der Wiener Initiative „Gut Essen“ begann der Transformationsprozess. 2015/16 wurde ein Teil der Produkte auf Bio umgestellt, 2018 waren es 30 Prozent – und 2019 bereits alle Speisen. Seit 2021 ist jede servierte Zutat Bio-zertifiziert. Ein Meilenstein!
Was nachhaltige Küche wirklich bedeutet
Für Kolarik ist eine nachhaltige Küche mehr als ein Trend – sie muss drei Kriterien erfüllen: ökologisch, ökonomisch und sozial funktionieren. „Ich muss wirtschaftlich arbeiten können, mein Team muss fair entlohnt und wertgeschätzt werden, und die Herkunft der Produkte muss stimmen – Bio ist da die einzige Option“, so Kolarik. Wenn da noch regionale Herkunft hinzukomme, sei das Ideal erreicht.
Besonders bei Fleisch sei der Unterschied spürbar – nicht nur im Geschmack, sondern auch in der Qualität des gesamten gastronomischen Erlebnisses. Die Gäste goutieren den Qualitätsschub, auch wenn sie ihn nicht immer bewusst wahrnehmen. „Bio funktioniert auch niederschwellig – deftiges Essen, ein Biergarten, ein guter Tag im Prater – und das alles in Bio-Qualität.“
Kolarik: Herausforderungen im Bio-Alltag
Ein Betrieb mit 1.200 Sitzplätzen und hohem Fleischverbrauch (rund 75 Tonnen Stelzenfleisch jährlich) steht vor besonderen Herausforderungen. Kolarik musste nicht nur sicherstellen, dass es genug Bio-Fleisch gibt, sondern auch, dass es aus Österreich stammt. Besonders bei beliebten Produkten wie Spareribs sei das Angebot knapp – vor allem, weil der Lebensmittelhandel im Sommer den Markt dominiert. Doch nach vier Jahren intensiver Planung gelingt es dem Betrieb ab August 2025, vollständig auf österreichisches Biofleisch umzustellen.
Bio ohne Belehrung – das Konzept der leisen Überzeugung
Die Luftburg will Menschen für Bio begeistern, ohne mit dem Zeigefinger zu belehren. Das gelingt über Schulungen der Mitarbeiter:innen, die Wissen vermitteln, wenn Gäste danach fragen, aber auch über eine Atmosphäre, die Authentizität ausstrahlt. Viele bemerken gar nicht, dass sie Bio essen – und genau das ist Teil des Erfolgs.
„Unser Konzept ist seit jeher bodenständig – ein Biergarten, der gutes, deftiges Essen bietet. Aber eben in der bestmöglichen Qualität“, erklärt Kolarik. Der Preis? „Bio ist seinen Preis wert. Ein ganzes Huhn um drei Euro im Supermarkt – das kann kein gutes Leben für das Tier gewesen sein und auch keine faire Bezahlung für Erzeuger bedeuten.“
Ganzheitlich nachhaltig – über Bio hinausdenken
Doch Kolarik will mehr als nur Bio-Zertifikate. Der Betrieb wird aktuell umfassend modernisiert: weg von fossilen Energien, hin zu Photovoltaikanlagen, Wasserwärmepumpen und nachhaltigen Energiekonzepten. Auch die Mitarbeitenden profitieren: Aufenthaltsräume im Stil eines Caféhauses sollen für ein gutes Arbeitsklima sorgen.
„Nachhaltigkeit beginnt beim Menschen und hört nicht beim Produkt auf“, betont Kolarik. Deshalb denkt er in größeren Dimensionen: Ganzheitliches Unternehmertum als Vorbild für die Branche.
Kolarik: Ein Aufruf an andere Gastronom:innen
Am Ende richtet Kolarik einen klaren Appell an seine Kolleg:innen, auch auf Bio umzusteigen, da in Österreich alles vorhanden ist, was man braucht. Und das in hervorragender Qualität.
Die Luftburg beweist, dass es auch in großem Stil funktioniert nachhaltig zu operieren – mit Überzeugung, Ausdauer und einem klaren Ziel: Gutes Essen, das allen guttut – den Gästen, den Produzent:innen, den Tieren und der Umwelt.
Podcast-Tipp:
Biofleischinfo – Episode 02: Gastronomie mit Paul Kolarik – Ein inspirierendes Gespräch über Bio, Verantwortung und die Kraft des Wandels in der Gastronomie.
Titelbild @ Kolarik